MEINE SONNENBEOBACHTUNGEN IM JULI UND AUGUST 2001

Die Sonne regelmäßig zu beobachten ist für mich immer wieder ein tolles Erlebnis. Einerseits ist man - sofern man in der Nähe eines am besten stationär aufgestellten Fernrohres ist - nicht an wenige Nachtstunden gebunden und ist somit am nächsten Tag ausgeschlafen. Andererseits kann man bei Tag leichter hantieren, Notizen zu machen und zumindest ein paar Minuten wolkenlose Sicht auf die Sonne zu haben. 

Ich beobachte sie seit dem Sommer 2001 mit meinem C11 und einem 5" Lumicon Off-Axis  Glasfilter, welches eine fantastische Auslösung bietet. Endlich kann ich auch die Granulation wieder genießen! 

Da ich kein Freund von Sonnenprojektionsschirmen bin, sind meine Zeichnungen praktisch frei Hand vom Okular weg gezeichnet und somit zur genauen Positionsbestimmung nicht zu verwenden. Trotzdem kann ich so viele Veränderungen im normalen Weißlichtbereich, die sich auf unserer Sonne täglich abspielen, wahrnehmen. Sonnenfackeln zeichne ich nicht ein - Protuberanzen jedoch schon.

Es ist sehr interessant, an diesen sehr feinen bis manchmal dramatischen Veränderungen (siehe z. B. folgende Fotos von Gruppe 9571) über das Teleskop durch das Okular fast hautnah dran zu sein. 

Sunspot 9591 am 24/08/2001

25/08/2001: rechte Umbra mit zartem Ansatz einer Lichtbrücke 26/08/2001: deutliche Lichtbrücke bei rechter Umbra 27/08/2001: Lichtbrücke verschwunden, jedoch südlicher Fortsatz bei linker Umbra entstanden     28/08/2001: Fortsatz verschwunden, rechte Umbra schmäler

Die oberen 4 Fotos wurden mit der Webcam PHILIPS VESTA PRO aufgenommen.

Auch ist es interessant, die persönliche tägliche Sonnenfleckenrelativzahl mit der offiziellen Relativzahl der Profis der NASA zu vergleichen. Es war in diesem Sommer z. B. spannend zu beobachten, wie eine dem Sonnenäquator nähere Fleckengruppe aufgrund der differentiellen Sonnenrotation eine weiterentfernte überholte. 

Meine - wenn mögliche - tägliche Prozedur in diesen Sommermonaten war folgende: Nachdem ich die Sonne im Weißlichtbereich gezeichnet habe und eventuell besonders spektakuläre Ansichten fotografiert habe, beobachtete ich sie im H-Alpha-Bereich mit Hilfe des Protuberanzenfilters. Die Protuberanzen zeichnete ich am Sonnenrand ein, besonders prächtige fotografierte ich anschließend mit der Digitalcamera CANON G1.

 

 

Hier meine Auswertungen, Zeichnungen und Fotos

Relativzahlberechnung nach Wolf.
Klassifikation der Sonnenflecken nach Waldmeier.
Seeing von 1 - 5 (von sehr gut bis kaum erkennbar).
Ich beobachte mit Diagonalprisma, d. h. meine Zeichnungen und Fotos mit Okularprojektion sind nicht auf dem Kopf stehend, aber seitenverkehrt.

Date pers. Rel.Zahl offizielle Relativzahl Zeichnung Foto Seeing Klassifikationen u. Bemerkungen
4.7. 65 77 - - - -
6.7. 65 44 - Prot.1 / Prot.2   - 1A-, 1B-,1C-, 1D-Gruppe
7.7. 58 49 - Lichtbrücke - 1x A (3Fl. sehr klein, Tendenz zu bipol.), B-5Fl, C-7Fl, H (geteilter Fl mit Lichtbrücke, 1 neuer Einzelfleck
9.7. 89 46 - - - A im SW, schwache C aus B im NW, H mit Brücke wird unscheinbarer, C dominanter im Z, neu: komplexe E im O, C am O-Rand
10.7. 92 71 - - - im W wurde H mit Brücke noch unscheinbarer, C wurde Einzelfleck A, C gleich, E nun im Z weniger dominant, neu im O: H, C3, A3
11.7. 86 78 - - - W: H wurde noch kleiner, A, C gleich, E mit neuem feinen Balken, trotzdem Struktur viel einfacher=Rückbildung auf D, B im ZS mit leichtem Fleckenansatz rechts, im NO: H, A1, A2, B
15.7. - 102 - Spots
Prot.1 /Prot.2
- -
16.7. 96 121 - - - H im NW verschwindet, schwache D4 (schön spiegelverkehrt), Z südlich E14 komplex, nördlich davon B5, ZW: H, H, C4
18.7. 194! 132 - - - SW: D12, nördlich D4, SO: Gruppen B13, F18, A1, NW: A1, H1, Z: zarte B5, nördlich H1, NO: C7, A4, A2, B4
19.7.9h 155 125 ja - 3 N:B3,H1,J1,A1,C6,B2 S:H1,A3,B12,D14,A1
22.7.13h 119 106 ja - 4 N: H1,H1,A12,H1C6, S: B8,F20
23.7.10h30 115 101 ja - 4 N:C6,H1,J1,C6,A1,A2 S:E28
28.7.15h45 48 60 ja - 3 N:H1 S:B11,C6
29.7.10h 47 39 ja - 3 N:0 S:B6,H3,C8
30.7.10h30 63 56 ja - 3 N:O S:A2,D13,C7,D2
31.7. 57 55 ja - 3 N:0 S:E14,D8,D5
1.8. 109 70 ja - 3 N:B4,B4 S:A2,C15,A3,D7,D4
2.8.10h 123 92 ja - 2 N:D11,B9,D10,B5 S:C16,C11
15.8.14h30 169 116 ja - 2 N:B9,J1,C5,J1,A3 S:C6,C6,C7,C4,C3,C4,A3
16.8.11h 161 136 ja - 1 N:B7,A2,C5,A2,J1 S:J1,C6,B5,J2,C5,J1,B4
17.8. 153 120 ja - 2 N:C4,J1,A3,A3,B8 S:J1,J1,J1,B2,A3,A2,B4
18.8. 171 112 ja - 1 N:C6,J1,D17,A1,D14 S:J1,B5,A1,A1,B9,A1,C4
19.8.14h 129 112 ja - 3 N:H2,J1,D10,D14 S:J1,A1,A1,D6,B3
24.8.13h 148 128 ja - 2 N:A3,J1,A1,C22,A1 S:A1,A2,J1,B4,E12
25.8.9h 110 102 ja - 2 N:J1,C13,S:B4,J2,E25,A5
26.8.10h 161 110 ja - 2 N:J1,D14,J2 S:D17,H4,E36,J2,A5
27.8.15h 148 120 ja - 3 N:C6,A8,J2,J1 S:D9,J2,E22,A1,A7
28.8.10h 137 120 ja - 3 N:A7,J2,D9 S:C3,J1,E17,A3,D5
29.8.13h 131 107 ja - 3 N:A5,J1,D7,E11 S:E29,J1,C7
30.8.9h 122 124 ja Prot. 3 N:A13,J1,C15,E14 S:A1,J2,E16

 


WISSENSWERTE GRUNDLAGEN FÜR  SONNENBEOBACHTUNGEN

Die Sonne ist ein glühender Gasball, in dessen Inneren bei 15 Millionen ° C Kernfusionsprozesse stattfinden. Durch die Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium wird gewaltige Energie freigesetzt.

Ein Sonnenzyklus dauert zur Gänze 22 Jahre. In diesem Zeitraum schwillt der innere Magnetismus an und bricht nach etwa 11 Jahren zusammen. Das Magnetfeld kehrt seine Polarität um, und während der zweiten elfjährigen Periode winden die Auswirkungen der differentielle Rotation die Stärke erneut empor, bis sich das neue Feld ebenfalls kurzschließt und eine erneute Umkehr eintritt. D. h. zu Beginn einer ca. 11-jährigen Periode kehrt sich die Polarität der beiden Halbkugeln um.

Die synodische Rotation (scheinbare Rot.) unterscheidet sich von der siderischen ( wahre Rot.) um ca. 2 Tage. Da sich die Erde bei ihrer Wanderung um die Sonne in gleicher Richtung wie die Sonne dreht, braucht es 2 Tage länger, bis der gleiche Sonnenmeridian wieder Zentralmeridian ist. Die Sonnenflecken benötigen - sofern sie noch vorhanden sind - somit rund 27 Tage, um wieder auf der scheinbaren Anfangsposition zu stehen. Dazu kommt noch, dass die Sonne als Gasball keine feste Oberfläche hat und am Äquator schneller rotiert als an den Polen (= differentielle Rotation) und dass die Sonnenachse "schief" zum Beobachter liegt. Hier muss man die Neigung der Sonnenachse zur Erde und den Positionswinkel zum Sonnennordpol berücksichtigen (siehe z. B. astronomische Jahrbücher).

Die Sonnenflecken entstehen durch Veränderungen des Energieflusses aus tieferen Schichten. Die Magnetfeldlinien kreuzen hierbei die Photosphäre. Die differentielle Rotation baut ein starkes Magnetfeld auf. Aufsteigende, elektrisch leitende Gasblasen irritieren das Feld noch weiter. Es entstehen Schlingen in den Feldlinienbündeln. Durch den großen magnetischen Druck steigt das Feld in die Photosphäre auf und es bildet sich ein Sonnenfleck. Die Magnetfelder der Sonnenflecken sind 1000x stärker als das irdische Magnetfeld, die Fläche ist oft größer als die Erdoberfläche. Dabei kühlen die Gasmassen von etwa 6000° C auf ungefähr 4500° C ab und erscheinen dem Beobachter dunkel, obwohl sie eigentlich immer noch gleißend hell sind. Die gewaltigen Magnetfelder unterbinden hierbei den Zustrom der neuen Energie und die Gasdichte verringert sich durch das entlang der Feldlinien ausfließende Plasma. Bipolare Fleckengruppen: Häufig treten die Flecken in Paaren parallel zum Äquator auf. Die magnetischen Feldlinien treten bei einem Fleck aus der Oberfläche heraus und im anderen in sie hinein. Die zwei Flecken haben hierbei entgegengesetzte magnetische Polarität.

Die Sonnenflecken verändern sich. Ihre Entwicklung kann man bei regelmäßiger Beobachtung und Protokollierung sehr gut feststellen.

Sonnenfleckenklassifizierung von Max Waldmeier von der Eidgenössischen Sternwarte, Zürich:
A: kleiner Einzelfleck
B: kleine bipolare Fleckengruppen
C: bipolare Gruppe mit einem Hoffleck
D: bipolare Gruppe mit zwei Hofflecken
E: große bipolare Gruppe mit mehreren Hofflecken, dazwischen zahlreiche kleinere Flecken ohne Penumbra <10°
F: Höhepunkt der Entwicklung, große Gruppe mit etlichen Hofflecken, die durch gemeinsame Höfe zusammengewachsen sind <15°
G: große bipolare Gruppe, die mit eine größeren Hoffleck, dessen Kern (Umbra) in einzelne Gebiete zerfällt <10°
H: großer Hoffleck mit meist kleineren Einzelflecken <2,5°
I: kleiner Hoffleck, gelegentlich mit wenigen kleinen Einzelflecken (unipolar) >2,5°

Bestimmung der Sonnenfleckenrelativzahl nach Rudolf Wolf: R = (10 x g) + f

Man addiert alle Flecken, multipliziert jede Gruppe mal zehn und addiert die Fleckensumme mit der multiplizierten Gruppenzahl, wobei auch jeder Einzelfleck als Gruppe gilt.

Sonnenfackeln sind feine, aderreiche Gebilde der Photosphäre. Sie sind ebenfalls Zeichen magnetischer Störungen und treten oft in Zusammenhang mit Flecken auf. Ihre Temperatur liegt bei 7000° C, deshalb sind sie heller als die Sonnenoberfläche. Sie sind nur am Sonnenrand gut zu beobachten.

Die Granulation (lat.: granulum = Körnchen) sind aufsteigende Gasblasen  aus tieferen Sonnenschichten mit nur wenigen Bogensekunden Ausdehnung. Sie sind ca. 1000 Km im Durchmesser. Vor vielen Jahren bei bestem Seeing konnte ich sie mit einem Selbstbau-Newton 850mm/150mm manchmal erkennen. Mit dem C11 ist die Granulation deutlich zu sehen. Das Hintergrundsbild meiner Sonnenseite zeigt die Granulation, fotografiert durch das Swedish Vacuum Solar Teleskop v. G. Scharmer.

Protuberanzen (lat.: protuberare = hervorschwellen) sind glühende Gasausbrüche mit ca. 7000° C über die Chromosphäre hinweg. Sie können hunderttausende Kilometer hoch werden - unsere Erde ist im Vergleich klein und schmächtig. Zu beobachten sind sie im H-Alpha-Licht und sind ebenfalls Reaktionen auf starke Magnetfelder. Sie sind am Rand der Sonne von der Seite her sichtbar. Bei sehr teuren Filtern kann man die Protuberanzen auch auf der Sonnenoberfläche von oben als dunkle Filamente erkennen. Das H-Alpha-Filter von Lumicon, das ich verwende, kostet ca. 1200,- Euro und lässt keine näheren Oberflächendetails wie z. B. Filamente oder Spikulen der Chromosphäre sehen, jedoch am Sonnenrand sind die Protuberanzen gut sichtbar.

©Richard Labschütz